„PELIKAN 64“, ein Klassiker der Modellflug-Lüfte
Bericht von Willi Böni
Der Modellflug war schon immer den unterschiedlichsten Strömungen unterworfen. Dies ist weder verwerflich noch verpönt, ergibt sich doch dadurch eine erwünscht bunt gemischte Palette bei der schönsten Nebenbeschäftigung der Welt. Eine dieser Strömungen widerspricht nun dem allgemeinen Vorwärtsstreben des fortschrittlichen Modellbauers, führt sie doch zurück, in Richtung der Anfänge des Modellfluges. Ob sie nun bis zur „Klassischen Zeit“, oder gar bis zum „Antik-Modellflug“ reicht, ist im Grunde genommen Nebensache; Hauptsache „Back to the roots“, denn Schönes ist unvergänglich!
Bericht von Willi Böni
Der Modellflug war schon immer den unterschiedlichsten Strömungen unterworfen. Dies ist weder verwerflich noch verpönt, ergibt sich doch dadurch eine erwünscht bunt gemischte Palette bei der schönsten Nebenbeschäftigung der Welt. Eine dieser Strömungen widerspricht nun dem allgemeinen Vorwärtsstreben des fortschrittlichen Modellbauers, führt sie doch zurück, in Richtung der Anfänge des Modellfluges. Ob sie nun bis zur „Klassischen Zeit“, oder gar bis zum „Antik-Modellflug“ reicht, ist im Grunde genommen Nebensache; Hauptsache „Back to the roots“, denn Schönes ist unvergänglich!
Wir schreiben das Jahr 1960. Am 23. / 24. Juli fand auf dem Flugplatz Dübendorf bei Zürich die erste Weltmeisterschaft für radiogesteuerten Modellkunstflug (damals RCMM, heute F3A) statt. Die US-Amerikanische Mannschaft überraschte die gesamte Weltelite mit ihren kleinen, schnellen Tiefdeckern, galten diese doch bis anhin als eher unbeherrschbar. Der Überflieger dieser WM hiess Edward J. Kasmirski (USA), sein Modell nannte er „Orion“.
Mit dem Sieg der Amerikaner und ihren leichten Kunstflugtiefdeckern wurde eine ganz neue Entwicklung eingeleitet, welche sich über die ganze Welt erstreckte. Modelle wie die „Orion“ oder deren Nachfolger, der legendäre „Taurus“, wurden zu Vorbildern von Dutzenden von „Eigenkonstruktionen“, so auch für zwei junge Burschen aus dem Zürcher Oberland, welche sich damals unter den fast 10'000 (!!) fachkundigen Zuschauern aus aller Welt in Dübendorf befanden. |
Diese beiden jungen Burschen, Emil und Bruno (†) Giezendanner, schickten sich folglich an, den Modellflugolymp zu erobern, was dem Jüngern der beiden, Bruno, 1969 und 1971 mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft im Modellkunstflug auf eindrückliche Art und Weise gelang. Sein damaliges Modell, der nicht minder legendäre „Marabu“, war ein direkter Nachkomme des hier vorgestellten „PELIKAN 64“.
Die Modelle der damaligen Zeit waren nicht nur sehr einfach und leicht aufgebaut, sie wiesen für heutige Begriffe geradezu astronomische Werte auf. Profildicken von 15 – 20 %, eine V-Form von 5 – 10° sowie eine EWD zwischen 0,5 und 2° waren an der Tagesordnung. Um sie fliegerisch einigermassen beherrschbar zu machen, bediente man sich zudem allerlei Tragflügel-Schränkungstricks, denn Proportional-Anlagen gab es 1960 noch nicht; man „tippte“ sich noch mit flinken Fingern durch das vorgeschriebene Flugprogramm.
Zeitsprung; wir schreiben das Jahr 2003. Im Zürcherischen Hittnau treffen sich Urs Leodolter, seines Zeichens ebenfalls zweifacher Weltmeister, allerdings in der Klasse F5B, sowie der Autor zu einem ihrer zahlreichen Nostalgietreffen. |
Im kleinen, aber feinen Modellflug-Museum von Urs versinken sie in vergangene Zeiten und schmökern dabei in alten Ausgaben der Zeitschrift „Modell“. Beim Anblick des Titelbildes der Ausgabe 5/1966 lässt ihnen ein nicht ganz unbekannter Pilot, in der Person von Bruno Giezendanner, den Atem stocken. In der rechten Hand hält er leger einen KRAFT-Sender, mit der linken umfasst er liebevoll den Rumpf seines damaligen Modells, dem „PELIKAN 64“, mit dem er 1965 den ersten seiner unzähligen Schweizermeister-Titel erflogen hat.
Nach Durchsicht des im Heft abgedruckten Bauplanes war für uns hoffnungslos verfallenen Nostalgiker, die sich aber auch der „Moderne“ gegenüber durchaus offen zeigen, klar, dass dieses Modell in zweifacher Ausführung nachgebaut wird. Für Urs, als zweifachen Elektroflug-Weltmeister, war ebenfalls von vornherein klar, dass sein Modell elektrisch angetrieben wird; bei meinem sollte, dem Nostalgietrip folgend, ein älterer Verbrenner zum Zuge komme. Ebenso schnell war dann beschlossen, dass mir, als klassischer Flugmodellbauer verschrieen, die Ehre des Bauens zukommen soll. So schnell wie der Nachbau beschlossen war, so aufwändig gestaltete sich die Suche nach brauchbaren Unterlagen!
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Weder beim einen Konstrukteur, Emil Giezendanner, noch beim damals für den Vertrieb des Planes zuständigen Modellbaugeschäftes, war etwas aufzutreiben, das in irgend einer Form an den „PELIKAN 64“ erinnerte, sodass, mit der Ausgabe 5/1966 von „Modell“ unter den Arm geklemmt, ein mir gutgesinntes Kopiergeschäft, mit der Bitte, die ca. A3 grosse Bauplanbeilage auf das Originalmass zu vergrössern, aufgesucht wurde. In zwei Schritten konnte meinem nicht alltäglichen Ansinnen entsprochen werden; nur war der Plan durch das Vergrössern mit entsprechendem Verzerren für einen genauen Bau nicht mehr geeignet. Was nun? Selbsthilfe war angesagt, denn immerhin hatte ich nun einen Plan in Originalgrösse, was das Erstellen einer neuen Bauzeichnung erheblich vereinfachen würde. Gesagt, getan! Dabei wurde grössten Wert auf Authentizität gelegt, sei dies beim Umriss, den verwendeten Materialen oder der Bauweise. Nur in absolut begründeten Ausnahmefällen sollte vom Original abgewichen werden!
Technischen Daten des „PELIKAN 64“ (Stand 1965):
Länge 1360 mm Spannweite 1620 mm Profil NACA 2415, aerodynamisch gestrakt auf 19% (symmetrisch) Flächeninhalt 49,92 dm² Gewicht 2700 Gramm V-Form (gesamt) 5° Motor Super Tigre 56 mit OS-Schalldämpfer Propeller Top Flite Nylon 12 x 6 RC-Anlage KRAFT mit Transmite Rudermaschinen |
Der „PELIKAN 64“ wurde eigens für den ferngesteuerten Modellkunstflug konstruiert und bildete 1964 den Abschluss einer längeren Entwicklungsreihe. Was in jener Zeit benötigt wurde, war ein Modell, das auch bei langsam angeströmter Tragfläche noch relativ stabil fliegt. Dies erreichte man beim „PELIKAN 64“ mit folgenden drei Hauptmerkmalen: Einer stark gepfeilten Flügelvorderkante (eine Eigenart die wir in vielen Konstruktionen der Gebrüder Giezendanner wiederfinden), der damals mit Erfolg angewandten aerodynamischen Schränkung sowie einer ausserordentlich leichten Konstruktion.